Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit Helmholtz-Zentrum Potsdam

Vorbereitungen auf die Herausforderungen von morgen – Flutrisiko, Katastrophenrisikoschutz und Klimawandelanpassung

07.10.2024

Ben Hofbauer

Dr. Benjamin Hofbauer

benjamin [dot] hofbauer [at] rifs-potsdam [dot] de
Pia-Johanna Schweizer

Dr. Pia-Johanna Schweizer

pia-johanna [dot] schweizer [at] rifs-potsdam [dot] de
Rettungskräfte retteten zahlreiche Menschen während der Überschwemmungen in Ostrava, Tschechische Republik.
Rettungskräfte retteten zahlreiche Menschen während der Überschwemmungen in Ostrava, Tschechische Republik.

Die Fluten des Spätsommers in Zentraleuropa unterstreichen die unnachgiebige Beschleunigung des Klimawandels und die daraus resultierenden Gefahren und Schäden für die Gesellschaft. Eine Reihe verschiedener Nationen wurden mit diesem extremen Wetterereignis konfrontiert, welches 23 Menschen das Leben kostete, zehntausende aus ihren Häusern vertrieb und Schäden in Milliardenhöhe verursachte.

Kurz bevor die Fluten über Europa einbrachen, veranstaltete das DIRECTED-Forschungsprojekt (Disaster Resilience for Extreme Climate Events) gemeinsam mit dem lokalen Partner Genillard & Co. in Wien einen Workshop zum Thema Katastrophenmanagement und Klimawandelanpassung. Die Veranstaltung bot eine einzigartige Möglichkeit zur Vernetzung von Expertinnen und Experten der Donau/Wien-Region aus dem Bereich des Katastrophenrisiko-Managements. Teilnehmende aus Behörden und der Wissenschaft sowie der Versicherungsindustrie hatten somit einen Tag Zeit, über gemeinsame Praktiken zu reflektieren, Risikoszenarien durchzuspielen und gegenseitige Anknüpfungspunkte zu finden.

Im Laufe des Workshops schlugen die Teilnehmenden vor, dass die Projektpartner von DIRECTED Prozesse und Werkzeuge zur Interoperabilität und Integration unterschiedlicher Daten entwickeln und zur Verfügung stellen sollten. Mit Interoperabilität ist hier vor allem die Beziehung quantitativer und qualitativer Daten und deren Auswertung gemeint und inwiefern diese Datensätze holistisch betrachtet ein Gesamtbild verschiedener Katastrophenszenarien widerspiegeln können. In Hinblick auf Datenintegration, haben Teilnehmende und das DIRECTED-Konsortium festgestellt, dass einzelne Stakeholder oftmals qualitativ hochwertige Daten produzieren, diese Daten jedoch manchmal aufgrund unterschiedlicher Formate und Modelle innerhalb Europas nicht austauschbar sind. Das DIRECTED-Projekt arbeitet deshalb an der Entwicklung von Prozessen, welche die Abgleichung und Harmonisierung unterschiedlicher Datensätze ermöglichen. Wetterdaten und Katastrophen-Modelle teilen zu können, ist wiederum ein kritischer Aspekt für die Risikoprävention.

Das Boku Wasserbaulabor Konferenzzetrum in Wien, wo der Directed Workshop stattgefunden hat.
Das Boku Wasserbaulabor Konferenzzetrum in Wien, wo der Directed Workshop stattgefunden hat.

Teilnehmende sprachen sich zudem dafür aus, dass DIRECTED bestehende Katastrophenschutz-Governancemechanismen untersuchen sollte. Ihr spezielles Interesse galt dabei der Zusammenarbeit von Akteuren mit unterschiedlichen Zielsetzungen, wie beispielsweise der Versicherungs- und Rückversicherungsindustrie, öffentlichen Institutionen und Forschungseinrichtungen. Hierbei ist es wesentlich zu untersuchen, wie Kommunikations- und Planungsstrategien zusammengeführt werden können.  Dadurch kann aufgedeckt werden, inwieweit abweichende Ziele sowie informelle Regeln und Normen zu Hürden innerhalb des gemeinsamen Katastrophenschutz-Planungsprozesses werden. Ein weiterer wichtiger Punkt für Teilnehmende war die Frage, inwieweit Katastrophenschutz- und Risikomanagement-Strategien mit Klimawandelanpassungs-Prozessen integriert sind. Zusammengefasst war man sich einig, dass effektives und nachhaltiges Katastrophenrisiko-Management die bewusste Integration von Klimawandelanpassungs-Prozessen braucht, wenngleich derartige Harmonisierung oftmals noch nicht stattfindet.

Die Teilnehmenden kamen überein, dass eine institutionalisierte Kommunikationsplattform ein sinnvolles und wichtiges Werkzeug darstellen würde. Diese Plattform könnte dem Ruf nach Daten-Interoperabilität und integrativer Governance- und Entscheidungsmechanismen gerecht zu werden. Indem eine gemeinsame Plattform das Teilen von Daten und Wissen innerhalb und zwischen unterschiedlichen Institutionen fördert und vereinfacht, ermöglicht man den Akteuren einen besseren Überblick über die Datenlagen. Zudem können Verantwortungsbereiche des Entscheidungsfindungs-Prozesses auf dieser Plattform offengelegt und geklärt werden.

Während nationale Regierungen und lokale Behörden noch die Konsequenzen der Fluten ausloten, steht es außer Frage, dass derartige Ereignisse auf einem sich wärmenden Planeten häufiger und intensiver werden. Ohne adäquate politische und gesetzliche Handlungen, welche die Klima-Widerstandsfähigkeit bzw. Resilienz städtischer und ländlicher Gebiete aufbauen und verstärken, werden jene Konsequenzen auch in Zukunft immer gravierender ausfallen. Aus diesem Grund arbeitet das DIRECTED-Konsortium daran, nachhaltige und resiliente Katastrophenrisiko- und Klimaanpassung-Prozesse gemeinsam mit lokalen Partnerinnen und Partnern aufzubauen. DIRECTED setzt dabei auf Synergien zwischen Katastrophenrisiko-Management und Klimawandelanpassungs-Regelungen und Gesetzgebung, die Entwicklung innovativer Methoden, um unterschiedliche Risiken und deren Zusammenwirkung zu verstehen, sowie die Nutzung von Open Data und Open Science. Das Projekt unterstützt dabei auch den Aufbau langfristiger Partnerschaften mit den lokalen “Real World Labs“ (Reallaboren), welche sich nach Projektende weiter entwickeln werden.

Der Workshop in Wien war ein weiterer Schritt in diese Richtung und die zahlreichen Workshops und Trainings, welche vom Forschungskonsortium von DIRECTED und den dazugehörigen vier Reallabore organisiert werden, werden weiterhin an einer Verbesserung des Europäischen Katastrophenrisiko-Managements und der Klimawandelanpassung arbeiten.

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