Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit Helmholtz-Zentrum Potsdam

Entwaldungsfreie Lieferketten: Welche Auswirkungen haben die EU-Pläne auf Brasilien?

14.12.2021

Brasilien ist der weltweit wichtigste Exporteur von Sojabohnen.
Brasilien ist der weltweit wichtigste Exporteur von Sojabohnen.

Am 17. November hat die Europäische Kommission eine Verordnung über entwaldungsfreie Produkte vorgeschlagen. Diese Initiative ist bahnbrechend, da sie neben der illegalen auch die legale Abholzung mindern soll. Was bedeutet der Gesetzgebungsvorschlag für die rohstoffproduzierenden Länder? Mit Blick auf Brasilien argumentiere ich, dass die Wirksamkeit der Verordnung von einer Kombination aus handelspolitischen, finanziellen, technologischen und kooperativen Maßnahmen abhängt.

Bei der Analyse eines deutschen Gesetzesentwurfs, der Sorgfaltspflichten für Unternehmen vorsieht, habe ich im April dieses Jahres in einem Blogbeitrag dargelegt, dass wirksame rechtliche Lösungen einen breiten Ansatz erfordern. Sie sollten Folgendes umfassen: (1) auf Verpflichtungen basierende Strategien zum Aufbau von Vertrauen zwischen Käufern und Lieferanten, (2) die Einbeziehung aller relevanten Akteure (einschließlich besonders gefährdeter Gemeinschaften wie indigener Völker) und (3) eine echte Integration von vorgelagerten Akteuren in Lieferketten (wie Kleinbauern).

Nach nur wenigen Monaten wurde nicht nur das Sorgfaltspflichtengesetz, auch als Lieferkettengesetz bekannt, vom Deutschen Bundestag verabschiedet (im Juni 2021), sondern es gibt weltweit weitere Gesetzesvorschläge zur Regelung von Lieferketten. Auf EU-Ebene befasst sich eine Gesetzesinitiative zur nachhaltigen Unternehmensführung (Sustainable Corporate Governance) mit den negativen Auswirkungen von Unternehmenstätigkeiten und Wertschöpfungsketten auf die Menschenrechte und die Umwelt im Allgemeinen. Ergänzt wird diese durch eine neue Verordnung zur Eindämmung der durch die EU verursachten Entwaldung und Waldschädigung, die von der Europäischen Kommission am 17. November als Teil einer Reihe von Initiativen im Rahmen des Europäischen Green Deal vorgeschlagen wurde. Trotz seines begrenzten Geltungsbereichs, der sich auf landwirtschaftliche Rohstoffe (Soja, Rindfleisch, Palmöl, Holz, Kakao und Kaffee) und deren Folgeprodukte (wie Leder, Schokolade und Möbel) konzentriert, adressiert dieser Vorschlag erfolgreich viele der Unzulänglichkeiten, die ich in meinem vorherigen Blogbeitrag über das deutsche Gesetz beschrieben habe.

Zum einen zielt die EU-Initiative darauf ab, den Ausstoß von Treibhausgasen (THG) und den Verlust der biologischen Vielfalt zu verringern und gleichzeitig positive Auswirkungen auf die lokalen Gemeinschaften zu haben. Zum Vergleich: Das deutsche Gesetz versprach zwar wichtige Fortschritte bei den Menschen- und Arbeitsrechten, umfasste aber nur wenige Umweltverpflichtungen. Es deckte schädliche Bodenveränderungen, Wasser- und Luftverschmutzung und übermäßigen Wasserverbrauch ab, ging aber nicht ausdrücklich auf Maßnahmen zum Klimawandel oder die Rechte indigener Völker ein.

Zu den weiteren positiven Aspekten des Vorschlags der Europäischen Kommission gehören längere Anpassungsfristen für Kleinstunternehmer und die Kombination von Sorgfaltspflichtvorschriften mit Instrumenten der Entwicklungszusammenarbeit. Eine Zusage von 1 Milliarde Euro gibt es beispielsweise für die Waldpartnerschaften, die in den Partnerländern entwickelt werden sollen. Ziel dieser Partnerschaften ist es, die rohstoffproduzierenden Länder dabei zu unterstützen, die Bewirtschaftung der Wälder zu verbessern und sozioökonomische Chancen durch nachhaltige Wertschöpfungsketten zu schaffen, wobei den Bedürfnissen der vom Wald abhängigen Gemeinden und Kleinbauern Rechnung getragen wird.

Ein komplexes Regelungsumfeld für entwaldungsfreie Rohstoffketten

Der EU-Vorschlag reiht sich ein in die wachsende Zahl freiwilliger und verpflichtender Vorschriften zur Vermeidung von Abholzung. Diese verlangen von rohstoffproduzierenden Ländern wie Brasilien, Indonesien und Malaysia Klimaschutzmaßnahmen. Zu den jüngsten Beispielen gehören die Waldschutz-Deklaration der Glasgower Klimakonferenz, in der sich Staats- und Regierungschefs verpflichtet haben, die Entwaldung und die Verschlechterung der Bodenqualität bis 2030 zu stoppen und sogar umzukehren; die Verpflichtung von mehr als 30 Finanzinstituten auf der COP26, die durch Agrarrohstoffe verursachte Entwaldung bis 2025 aus ihren Investitions- und Kreditportfolios zu streichen; und der United States Forest Act von 2021, ein Gesetzesentwurf, der, wenn er vom US-Kongress verabschiedet wird, globale Lieferanten für die Einfuhr von Rohstoffen, die zur illegalen Entwaldung beitragen, zur Verantwortung ziehen wird.

Diese verschiedenen Vorschriften und Verpflichtungen sind das Ergebnis zunehmenden Drucks durch die Verbraucherinnen und Verbraucher. Die EU-Bürger haben beispielsweise den EU-Vorschlag mit überwältigender Mehrheit unterstützt. Die von der Kommission eingeleitete offene öffentliche Konsultation (OPC) erreichte eine Rekordbeteiligung und zeigte eine starke Unterstützung für rechtlich verbindliche Optionen. Weiche, freiwillige Maßnahmen wie die private Zertifizierung wurden als wenig wirksam angesehen.

Trotz der höheren Erwartungen an die Wirksamkeit verbindlicher Vorschriften bleiben jedoch Fragen zu den potenziellen positiven Auswirkungen ausländischer Vorschriften auf die Veränderung des Verhaltens von Unternehmen und Regierungen im Globalen Süden. Um mögliche künftige Entwicklungen zu untersuchen, möchte ich einige Überlegungen dazu anstellen, was das bevorstehende EU-Gesetz für Brasilien bedeutet und wie wichtige brasilianische Interessengruppen bisher darauf reagiert haben.

Was bedeutet das Gesetz für Brasilien?

Brasilien ist ein wichtiger Rohstoffproduzent, etwa 70 Prozent seiner Gesamtexporte sind Rohstoffe wie Soja, Eisenerz, Öl, Zellulose, Zucker, Mais, Rindfleisch, Hühner und Kaffee. Die Abholzung des Amazonasgebiets hat jedoch die nationale und internationale Aufmerksamkeit auf die Art und Weise gelenkt, wie Rohstoffe in dem Land produziert werden. Nur wenige Tage nach der COP26 zeigen die Daten, dass die Abholzung im brasilianischen Amazonasgebiet den höchsten Stand seit 2006 erreicht hat.

Laut dem neuen EU-Vorschlag: (a) dürfen Rohstoffe und Produkte nicht von Flächen stammen, die nach dem 31. Dezember 2020 abgeholzt oder degradiert wurden, und (b) müssen sie in Übereinstimmung mit den Gesetzen des Produktionslandes hergestellt worden sein (Artikel 2.8 und 3). Wird eine dieser beiden Anforderungen nicht erfüllt, dürfen die Produkte nicht auf den EU-Markt gebracht werden.

Da der EU-Vorschlag über die Definition der illegalen Entwaldung in Drittländern hinausgeht, ist die Initiative bahnbrechend, da sie auch die legale Entwaldung in Angriff nimmt. Dies kann jedoch bedeuten, dass die EU-Verordnung potenziell mit den nationalen Rechtsvorschriften konkurriert.

Im brasilianischen Fall verpflichtet das brasilianische Forstgesetz (Bundesgesetz 12.651/2012) Landbesitzer dazu, Teile der natürlichen Vegetation auf ihrem Land zu erhalten und Ökosysteme mit hohem Schutzwert zu bewahren. Private Landbesitzer im Amazonasgebiet müssen auf 80 Prozent ihrer Fläche die einheimische Vegetation erhalten („gesetzliche Reserve“), was bedeutet, dass 20 Prozent ihres Landes weiterhin abgeholzt werden dürfen. Der europäische Vorschlag sieht dagegen ein 100-prozentiges Abholzungsverbot nach dem 31. Dezember 2020 vor.

Zur Umsetzung, Durchsetzung und Überwachung entwaldungsfreier Warenketten sieht der europäische Vorschlag eine Reihe von Mechanismen vor. Jedes Unternehmen (auch außereuropäische), das in der EU Soja, Rindfleisch, Palmöl, Holz, Kakao und Kaffee sowie daraus hergestellte Produkte (Artikel 1) verkauft, muss den Zugang zu Informationen gewährleisten, die den Zusammenhang zwischen Rohstoff und Land herstellen. Außerdem müssen die Unternehmen die geografischen Koordinaten des landwirtschaftlichen Betriebs angeben, auf dem die Rohstoffe angebaut wurden (Artikel 9), und sie sind verpflichtet, Risiken zu analysieren, bewerten und reduzieren (Artikel 10).

Darüber hinaus stuft ein von der Kommission betriebenes Benchmarking-System die Länder in niedrige, normale oder hohe Risiken ein (Artikel 27). Die Ermittlung des Risikos basiert auf Bewertungskriterien wie der Entwaldungsrate eines Landes, und Unternehmen, die Rohstoffe aus Hochrisikogebieten verkaufen, werden einer strengeren Prüfung unterzogen.

Die Kommission argumentiert, dass der Vorschlag gegen kein Land bzw. keine Ware ein Verbot verhängt. Dennoch werden Unternehmen ihre Tätigkeit wahrscheinlich von den Hochrisikoproduzenten weg verlagern, wenn es alternative, risikoarme Rohstoffproduktionsländer gibt. Und genau das ist das von der EU angestrebte Ergebnis: Sie will nachhaltige Maßnahmen der Exportländer fördern, in der Hoffnung, einen Kaskadeneffekt zu erzielen, der von den ländlichen Erzeugern bis hin zu den nationalen Regierungen reicht.

Wie in dem Vorschlag dargelegt, zielt der Rechtsrahmen darauf ab, Anreize für den Übergang zu nachhaltigen Lieferketten in allen Erzeugerländern innerhalb und außerhalb der EU zu schaffen, was „die EU zu einem glaubwürdigen globalen Standardsetzer machen würde“.

Wie haben die wichtigsten brasilianischen Interessengruppen bisher reagiert?

Da der neue Vorschlag der Kommission illegale Abholzung anders, nämlich umfassender, definiert als die betroffenen Drittländer, nehmen die Interessengruppen in den Rohstoff produzierenden Ländern die Nachricht über die Verordnung mit Besorgnis auf, da sie einige der wichtigsten Wirtschaftssektoren dieser Länder beeinträchtigen könnte.

Ein anschauliches Beispiel ist der brasilianische Sojaexport- und Produktionssektor. Soja ist Brasiliens wichtigstes Exportprodukt, und das Land führt die Liste der größten Sojaproduzenten der Welt an. Die Sojaproduktion ist jedoch auch mit vielen Problemen verbunden, wie Abholzung, Verlust der biologischen Vielfalt und Missachtung der Rechte indigener Völker.

In Brasilien vertreten zwei mächtige Industrieverbände verschiedene Aktivitäten in der Soja-Wertschöpfungskette. ABIOVE (der brasilianische Verband der Pflanzenölindustrie) vertritt Händler und Verarbeiter, die für den Export verantwortlich sind, und APROSOJA (der brasilianische Verband der Sojabohnenproduzenten) vertritt Besitzer großer Flächen, auf denen Sojabohnen angebaut werden. Die mehr oder weniger direkte Verbindung zu ausländischen Märkten und die Art der Produktionstätigkeit ihrer Mitglieder erklären, warum diese Verbände in diametral entgegengesetzter Weise reagiert haben.

Im Dezember 2020 übermittelte ABIOVE seinen Beitrag zur öffentlichen Konsultation der Europäischen Kommission, in dem der Verband sich nicht nur zu der Verantwortung seiner Mitgliedsunternehmen bekannte, sondern die EU-Initiative sogar begrüßte. ABIOVE betonte jedoch, dass die Regulierungsinitiative auch den Interessen der Unternehmer gerecht werden müsse.

In seinen Dokumenten verwies ABIOVE auf das Soja-Moratorium, eine von dem Verband 2006 unterzeichnete und seitdem unterstützte Null-Abholzungsverpflichtung, die den Erwerb von Soja untersagt, das in Gebieten des Amazonas-Bioms produziert wurde. ABIOVE wies darauf hin, dass 2019 nur 1,8 Prozent des gesamten im Amazonasgebiet produzierten Sojas aus Gebieten stammten, die nach 2008 abgeholzt wurden, und dass nichts davon in die Lieferkette der ABIOVE-Mitglieder gelangte. Natürlich sind die Mitgliedsunternehmen besorgt darüber, dass Brasilien als Hochrisikogebiet eingestuft wird, was zu strengeren Auflagen bei Exporten in die EU führen würde.

Der ländliche Erzeugerverband APROSOJA hingegen wandte sich entschieden gegen die europäische Initiative, die er einen „als Umweltschutz getarnten Handelsprotektionismus“ nannte. APROSOJA setzt sich für die Anwendung des brasilianischen Forstgesetzes ein und versucht, die brasilianische Gesetzgebung auch beim Verkauf an ausländische Käufer, insbesondere an chinesische, anzuwenden. Schließlich verbraucht die EU nur 10 Prozent des in Brasilien produzierten Sojas. Der größte Teil der brasilianischen Produktion geht an die Futtermittelindustrie in China.

Die Kritik von APROSOJA am Soja-Moratorium (die sich nun auch gegen die EU-Initiative richtet) hat unter Bolsonaro zugenommen. APROSOJA wird von einem Verbündeten des derzeitigen brasilianischen Präsidenten geleitet. Darüber hinaus war APROSOJA in Skandale verwickelt, wie etwa in das Sponsoring von agrarwissenschaftlichen Universitätsvorlesungen, die von Klimawandelleugnern gehalten wurden. Nicht zufällig decken sich die Äußerungen von APROSOJA mit den Argumenten des brasilianischen Umweltministers, der erklärte, Brasilien werde die EU-Vorschriften anfechten, da sie die nationale Souveränität des Landes missachteten.

Die Reaktionen der brasilianischen Landwirte und Regierungsvertreter verringern sicherlich nicht die Gefahr, dass Brasilien als Land mit hohem Entwaldungsrisiko eingestuft wird. Schließlich reiht sich die Rekordabholzungsrate des Amazonasgebiets in eine Reihe von Maßnahmen ein, die für die Demontage der brasilianischen Umweltagenda verantwortlich sind – in einem Land, das früher als Global Player bei internationalen Klimaverhandlungen galt.

Wie kann es vorwärtsgehen?

Das ultimative Ziel sollte die Umsetzung von Strategien für eine nachhaltige Entwicklung sein, die Umweltschutz mit sozioökonomischen Vorteilen verbinden und dabei besonders auf die Bedürfnisse der schwächsten Bevölkerungsgruppen achten. Dies erfordert Anstrengungen zur Diversifizierung und Stärkung der Wertschöpfungsketten durch biologische Vielfalt und technologische Innovation. Natürlich ist dafür auch erforderlich, dass Brasilien seine Klimapolitik wieder auf Kurs bringt.

Meiner Meinung nach könnte die EU-Verordnung durch vier zentrale Punkte effektiver werden.

  • Unternehmen und Regierungen müssen technologische Maßnahmen zur Bekämpfung der Entwaldung ergreifen. Überwachungstechnologien wie Geolokalisierung, Satelliten und Blockchain erleichtern die Durchsetzung und Umsetzung von Regeln zur Nichtabholzung. Das erkennt auch die EU-Gesetzgebung an und verlangt folglich Geolokalisierungsdaten von den Betreibern. Geografische Informationen, die es erlauben nachzuvollziehen, von wo Produkte kommen, werden bereits von der Industrie und Zertifizierungsorganisationen bereitgestellt und zur Rückverfolgung der Rohstoffproduktion verwendet. In einer kürzlich in Science veröffentlichten Studie wurde außerdem deutlich, dass die „faulen Äpfel der brasilianischen Agrarindustrie“ eine genaue Adresse haben. Durch den Einsatz leistungsstarker Software fanden die Forscher heraus, dass nur 2 Prozent der Grundstücke im Amazonas und Cerrado für 62 Prozent aller potenziell illegalen Abholzungen verantwortlich sind. Diese Technologien ermöglichen es, die Politik auf die Hauptverantwortlichen für die Abholzung auszurichten.
  • Wirksame Regelungen für eine entwaldungsfreie Rohstoffkette hängen von der Zustimmung Chinas ab. China ist ein großer Rohstoffverbraucher und sein Hauptanliegen ist die Lebensmittel- und Ernährungssicherheit. Die Abhängigkeit Chinas von brasilianischem Soja hat auch dazu beigetragen, den Widerstand der brasilianischen Sojaproduzenten bei der Anpassung an das neue transnationale Regelungsumfeld zu fördern. Dies bedeutet, dass die EU allein nicht genug Einfluss auf die brasilianischen Interessengruppen hat. Die von der EU vorgeschlagenen bilateralen und multilateralen Dialoge mit anderen großen Verbraucherländern müssen China einschließen, um die weltweite Entwaldung wirksam zu bekämpfen. Tatsächlich wird in dem Vorschlag eine ständige Kooperationsstruktur mit China erwähnt. Einige Lektionen können von NRO gelernt werden, die ihr Advocacy-Modell überdacht und ihre Aktivitäten nach China verlagert haben. Die niederländische Organisation Solidaridad beispielsweise bemüht sich um die Unterstützung einiger führender chinesischer multinationaler Unternehmen, unter für eine chinesische Leitlinie für nachhaltiges Soja, die 2020 entwickelt wurde.
  • Um die Entwaldung in Rohstoffketten zu bekämpfen, sind auch finanzielle Maßnahmen erforderlich. Selbst in Süd-Süd-Wertschöpfungsketten wie im Fall der brasilianischen Sojaexporte nach China sind die Unternehmen immer noch auf Investitionen amerikanischer und europäischer Finanzinstitute angewiesen. Jüngste Ereignisse bestätigen dies: Im Jahr 2021 wurde der COFCO Soy Pledge von dem chinesischen multinationalen Unternehmen COFCO als Antwort auf einen Kredit in Höhe von 2,3 Milliarden US-Dollar vorgestellt, der von 21 Banken gewährt wurde und an die Einhaltung von Umweltzielen gebunden ist. Bei diesen steht die Rückverfolgbarkeit der Produkte im Vordergrund. Nachhaltigkeitsbezogene Kredite sind ein wichtiger Bestandteil jeder Strategie, die darauf abzielt, das Verhalten von Unternehmen zu ändern. Obwohl der Vorschlag der Kommission nicht speziell auf den Finanzsektor und Investitionen abzielt, verweist er auf andere bestehende Initiativen wie die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD).
  • Schließlich müssen Instrumente der Entwicklungszusammenarbeit, wie sie im EU-Vorschlag (Artikel 28) enthalten sind, umgesetzt werden. Der brasilianische Privatsektor, die Wissenschaft, lokale Gemeinschaften, Kleinbauern und andere entwickeln innovative Geschäftslösungen. Ihr Fachwissen und ihr Zugang könnten sicherlich von der finanziellen und technischen Unterstützung durch Waldpartnerschaften profitieren. Bei der Umsetzung dieser Partnerschaften können auch Lehren aus den Null-Abholzungsverpflichtungen von Agrar- und Lebensmittelunternehmen gezogen werden. In einem kürzlich erschienenen Artikel argumentieren Experten, dass strenge Vorschriften mit einem „umfassenden Kapazitätsaufbau“ und der „Unterstützung alternativer ländlicher Entwicklungswege“ kombiniert werden müssen. Diese Empfehlungen sind besonders wichtig bei anderen Rohstoffen, die in größerem Umfang von Kleinbauern bewirtschaftet werden, die in der Regel über ein niedriges Bildungsniveau und geringe finanzielle Mittel verfügen (die brasilianische Sojaproduktion wird überwiegend von kommerziellen Landwirten kontrolliert).

Kurz gesagt, wirksame Regelungen werden von einer Kombination aus handelspolitischen, technologischen, finanziellen und kooperativen Maßnahmen abhängen. Einige der eben genannten Punkte gelten nicht ausschließlich für den EU-Vorschlag oder sogar die brasilianische Sojaproduktion, sondern können dazu beitragen, das globale Ziel der Bekämpfung der Entwaldung zu erreichen. Folglich könnten sie auch für andere öffentliche und private Maßnahmen zur Vermeidung von Entwaldung sowie für andere rohstoffproduzierende Länder und andere Rohstoffe und daraus hergestellte Produkte gelten, einschließlich solcher, die noch nicht in den Anwendungsbereich des Vorschlags fallen, es aber in Zukunft sehr wohl tun könnten.

Obwohl Brasilien einer der bedeutendsten Akteure in der globalen Rohstoffwirtschaft ist, wird die brasilianische Agrarindustrie langfristig nur wettbewerbsfähig bleiben, wenn die Produktion jetzt nachhaltig wird. Es gibt keinen vernünftigen Grund für irgendeinen Akteur, den unvermeidlichen Wandel zur Nachhaltigkeit, der für die Sicherheit unserer und künftiger Generationen unerlässlich ist, aufzuschieben.

Brasilien ist in einer einzigartigen Position, um eine Führungsrolle zu übernehmen. Doch im Moment scheint es, als hätten sich einige mächtige Interessengruppen für eine eher defensive Haltung entschieden, was letztlich gegen Brasiliens eigene Interessen geht. In der Zwischenzeit übernehmen andere die Rolle des globalen Gesetzgebers.

Ich bedanke mich bei Andreas Goldthau für Kommentare und Vorschläge zu einem früheren Entwurf. Etwaige Fehler liegen natürlich bei mir.

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